Lernreise Digitale Zusammenarbeit

by GGa, = this.file.cday

In den letzten vier Monaten des Jahres 2022 habe ich an einem – für mich als Experiment wahrgenommenen – Learning Circle teilgenommen. Einem Lernformat, welches durch die von meinem Arbeitgeber gemeinsam mit anderen Unternehmen und der Cogneon GmbH ins Leben gerufen worden ist. Dabei trifft man sich unternehmensgrenzen-übergreifend zu verschiedenen Themen, eben in einem Lernzirkel.

Ich habe mich, weil es eben interessant klang und sich thematisch eher abseits meiner täglichen beruflichen Routinen angesiedelt anfühlte, dem Thema Digitale Zusammenarbeit zugewandt.

Ich hatte das Gefühl, mich mal einem etwas abseitigen Thema widmen zu müssen, um ein wenig den Blick aus einer anderen Perspektive zu schärfen. Nun lernt man – und das ist ja durch Forschung hinreichend nachgewiesen – dann am meisten, wenn man Dinge tut, also schien ein gemeinsamer Learning Circle vielleicht ein echt großartiges Format zu sein.

Nebenbemerkung: Im Nachgang fällt mir auf, meine erste Diplomarbeit hatte seinerzeit auch mit Lernen zu tun: „Selbststudium als wichtigste Form des Hochschulstudiums“ oder so ähnlich hieß das Thema. Vielleicht ist das Thema also doch gar nicht so abseitig für mich, sondern ist einfach zu mir gekommen, weil es so sein musste, wer (außer natürlich den Hirnforschern und Psychologen unter uns) weiß schon genau, was das Unterbewusstsein mit uns macht 😉 Aber ich schweife ab.

Die Ausgangslage meines Lernzirkels

Wie schon geschrieben: Die Organisation ging von meinem und anderen Arbeitgebern in Zusammenarbeit mit der Cogneon GmbH aus. Durch die Reichweite des dieses Netzwerkes konnten Interessierte aus vielerlei Branchen und Unternehmen zusammengebracht werden. Dieses Zusammenbringen verschiedener Menschen, die sich zum gleichen Thema als Interessenten gemeldet hatten, war die eigentliche organisatorischen Vorarbeit.

Diese auf das Notwendigste reduzierte Gemeinsamkeit bei den Teilnehmern (alle wollten sich des Themas annehmen) empfinde ich bis heute als einen extrem spannenden Ausgangspunkt.

Die Grundlage unseres Lernerlebnisses zur Digitalen Zusammenarbeit waren Materialien des LearnOS (einer Methode für Lebenslanges Lernen).

Aber wie das so ist im selbstorganisierten Lernen, angeregt durch den Leitfaden (der übrigens unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY) kostenfrei zur Verfügung steht) haben wir im Zirkel schnell unsere eigenen Erfahrungen im Zusammenhang mit digitaler Zusammenarbeit im eigenen Unternehmen und Partnern/Kunden zu Thema gemacht, statt uns allzu streng an die eigentliche Aufgabenstellung zu halten. Aber genau darum geht es ja auch im selbstorganisierten Lernen: Adaptieren, Justieren, Perspektiven wechseln, sich austauschen.

Meine Erwartung

Ich habe mir im Vorfeld eigentlich recht wenige Gedanken gemacht, aber gemäß des LearnOS Leitfadens zu Digitaler Zusammenarbeit machen müssen. Welche persönliche Zielsetzung wollte ich für mich erreichen, wenn ich den Lernzirkel abgeschlossen haben werde?[1]

Erwartungserfüllung bzw. Ergebnisse

Bei der Frage danach, ob ich nun nach dem Learning Circle sagen würde, zum Thema Digitale Zusammenarbeit sei ich jetzt fit und könnte es, weil ich es strukturiert in meinem Kopf sortiert habe, sofort jedem nahebringen, muss ich klar mit „das kommt drauf an“ antworten.

Das Thema ist so vielschichtig und hat so viele Überschneidungen mit anderen Themen, dass ich für mich feststellen muss, eine vollständige Strukturierung des Themas nicht gefunden zu haben.

Bei der Frage danach, ob ich Anregungen für mein Arbeitsumfeld gefunden habe, kann ich mit ja antworten, muss aber gleichzeitig zugeben, dass diese Anregungen sich eher auf Alternativen zu von mir Verwendetem beschränken.

Bei der Frage danach, ob ich Stellschrauben gefunden habe, die Arbeit des eigenen Teams möglicherweise verbessern zu können, würde ich mal auf die unten ausgeführten Erkenntnisse verweisen.

Also alles in allem keine wirklich klar mit Häkchen versehbaren Ergebnisse.

Gleichzeitig gebe ich mich damit aber zufrieden im Bewusstsein, dass es bei Digitaler Zusammenarbeit in meinem Verständnis immer auf den konkreten Anwendungsfall ankommt, der in der täglichen Arbeit gerade aktuell vorliegt.

Geht es um Digitale Meetings stehen Fragen im Zentrum wie „Wer beruft Meetings ein?“, „Wann wird die Agenda definiert und verteilt?“ oder „Wer protokolliert das Meeting und wie wird protokolliert?“ auf die man in der Gruppe der aktuell Zusammenarbeitenden Antworten haben muss. Zu Herausforderungen können digitale Meetings insbesondere dann mutieren, wenn solche Meetings unternehmens-übergreifend sein müssen, dann schlagen ggf. sehr differente Compliance Regeln und sehr differente Anwender-Software als möglicherweise harte Restriktionen mit voller Wucht zu, oder (die weichere Variante) die Teilnehmenden sind ungeübt mit der jeweils anderen Software, was bei komplexeren Meetings mit Interaktion jeden Zeitplan durcheinander bringen kann.

Geht es um knifflige Themen, zu denen noch niemand so recht fertige Antworten hat, stehen wohl ganz allgemein das Fragen-Stellen und Antwort-Geben an der Seite vom Diskussionen-Führen im Mittelpunkt, was durch Foren-Software oder leichtgewichtige gemeinsame Dokumente unterstützt werden kann. Oder vielleicht auch so etwas wie ein thematisches Wiki und die gemeinsame – gegenseitige Korrekturen einschließende – Arbeit an Texten. Entscheidend erschien uns Teilnehmenden hierfür nur, dass es schriftlich vorliegen und gleichermaßen synchron und asynchron bearbeitbar sein muss.

Geht es um die digitale und weltumspannende Zusammenarbeit an Dokumenten stehen wieder andere Fragen im Raum, insbesondere die der Dokumenten-Versionierung und die sichere Ablage der Dokumente bei gleichzeitig einfachem Zugriff darauf. Das Wiederfinden des Ablageortes stellt bei den meisten Teilnehmenden eine Herausforderung dar, denn sie arbeiten gleichzeitig an vielerlei Projekten mit vielerlei verschiedenen Dateiablagesystemen und -orten.

Immer aber – und das konnten wir uns in unserem Lernzirkel unternehmensübergreifend bestätigen - geht es bei Digitaler Zusammenarbeit darum, dass sich die Gruppe der Zusammenarbeitenden möglichst im Vorfeld auf eine konkrete Vorgehensweise des Umgangs mit dem Anwendungsfall in der Digitalen Zusammenarbeit geeinigt hat. Unter anderem:

Alle Unternehmen haben bei der digitalen Zusammenarbeit letztlich exakt dieselben Herausforderungen. Die vorstehende Liste mag für jedes Unternehmen (jedes Projekt, Vorhaben) unterschiedlich aussehen. Potenziell ist die Liste als Liste der Herausforderungen in der Digitalen Zusammenarbeit aber identisch. Es geht um die konkreten vorab zu treffenden Absprachen über das „Wie arbeiten wir zusammen?“.

Logisch ist jedoch, dass verschiedene Unternehmen nicht dieselben konkreten Lösungen für Digitale Zusammenarbeit haben können, arbeiten sie doch mit ganz unterschiedlichen Ausstattungen und an ganz differenten Themen. Insofern besteht bei Digitaler Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg die sofort ins Auge springende, und ich würde sagen natürliche Notwendigkeit, einer Abstimmung über die Regeln der Zusammenarbeit.

Aber selbst innerhalb eines Unternehmens gibt es verschiedene Gruppen von Zusammenarbeitenden. Schon allein aufgrund verschiedener Themen / Projekte an / in denen zusammengearbeitet werden muss. Oft sind nicht dieselben Personen in den verschiedenen Gruppen, obgleich es natürlich Überschneidungen gibt. Oft – und auch das ist ein unternehmensübergreifendes Ergebnis unseres Lernzirkels – haben verschiedenen Projekte verschiedene Anforderungen an das konkrete Wie in der Digitalen Zusammenarbeit.

Zentrale Erkenntnisse aus meinem Lernzirkel

Auch wenn man meinen könnte, es sei doch ein Einfaches, in einem Unternehmen ein Setup an Regeln für alle Anwendungsfälle in der Digitalen Zusammenarbeit zu implementieren, steht dem stets die Notwendigkeit der Digitalen Zusammenarbeit in Projekten mit Kunden und Partnern entgegen und damit die natürliche Notwendigkeit der Abstimmung von Regeln im Raum.

Das bedeutet, jedes Team in jedem neuen Projekt, in jedem neuen Vorhaben benötigt ein initiales Aufsetzen der Zusammenarbeitsregeln für die im Team, im Projekt, im Vorhaben relevanten Anwendungsfälle Digitaler Zusammenarbeit.

Selbst in kleinen Organisationen, von denen man annehmen könnte, es wäre möglich, ein unternehmensweit einheitliches Setup an Regeln der Digitalen Zusammenarbeit etablieren, steht sehr oft die Notwendigkeit der Digitalen Zusammenarbeit mit Kunden dieses Unternehmens einer generell etablierten und über einen längeren Zeitraum fixierten einheitlichen Regelsetzung als Kontrapunkt entgegen. Wie schon weiter oben ausgeführt: Unternehmensübergreifende Zusammenarbeit zieht stets die natürliche Notwendigkeit einer Abstimmung über die Regeln der Zusammenarbeit nach sich.

Nun könnte man argumentieren: alles nicht neu, dieselben Herausforderungen stehen auch in analoger Zusammenarbeit an. Stimmt! Aber unter Digitaler Zusammenarbeit verschärfen sich die Herausforderungen dahingehend, dass die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit der Gruppe der Zusammenarbeitenden und das erlebte Funktionieren der Zusammenarbeit in insbesondere verteilten Teams die Idee der Zusammenarbeit und damit effiziente Ergebniserzielung komplett konterkarieren können. Es wird zwar gearbeitet, weil natürlich jeder einzelne seinen Job machen will, aber die Idee der Zusammenarbeit kann nicht erreicht werden, wenn die Regeln über das Wie nicht allen klar sind und sie deshalb nicht eingehalten werden (können).

Der Worst Case tritt ein, wenn alle Zusammenarbeitenden glauben, es sei naturgemäß alles klar, weil man jeder der Beteiligten schon immer und täglich digital mit anderen zusammenarbeite und jeder also mit digitaler Zusammenarbeit vertraut sei, weswegen ein Regelsetup verschwendete Zeit sei.

Wir müssen uns, auch ich(!), jedes Mal erneut klar machen, allein die Tatsache, dass alle Zusammenarbeitenden in der Vergangenheit in unterschiedlichen Team-Thema-Konstellationen (mal mit mal ohne Kunden, mal mit mal ohne Partner …) quasi spezifisch vorgeprägt sind, es höchst zufällig so wäre, dass ein ganzes Team ohne Veränderung der Team-Struktur ein neues Thema bearbeitet.

Ein solch zufälliges – in diesem Kontext dann sehr glückliches – Team-Themen-Setup kann die Regelfindung für die Zusammenarbeit maximal beschleunigen, weil man es genauso machen kann wie im gerade verlassenen Team-Thema-Setup.

Allein ich würde mich nicht darauf verlassen, irgendwie verändert sich das Team doch ständig, und seien es nur die etwas weiter außen stehenden Stakeholder.

Fazit

Wir alle, Sie, Ihre Kolleginnen und Kollegen, Ihre Kinder, ich, meine Kinder … einfach alle sind Betroffene und Anwender Digitaler Zusammenarbeit. Digitale Zusammenarbeit wird in verteilten Arbeitswelten und bei Zusammenarbeit zwischen Unternehmen essenziell bleiben. Darum müssen wir uns alle dem Thema stellen, Ausweichen geht nicht.

Damit wirklich effektiv zusammengearbeitet werden kann, sind Regeln über das Wie der Digitalen Zusammenarbeit notwendig, die man sich in einem Team-Thema-Setup vorab geben sollte.

Regeln müssen zum Anwendungsfall in der Zusammenarbeit passen, eine Alles-passt-zu-Allem-Regel gibt es nicht.

Der Worst Case kann eintreten, wenn alle Zusammenarbeitenden glauben, es sei naturgemäß alles klar, weil man jeder der Beteiligten schon immer und täglich digital mit anderen zusammenarbeite und jeder also mit digitaler Zusammenarbeit vertraut sei, weswegen ein Regelsetup verschwendete Zeit sei.

Im schlimmsten Fall arbeitet zwar jeder, aber keiner mit allen anderen zusammen. Das sollte man vermeiden, und das ist – ohne Wenn und Aber – möglich!

Ich wünsche viel Spaß beim Digitalen Zusammenarbeiten!


  1. Man muss ja zugeben, sich Ziele zu setzen, sollte auch beim Lernen nicht fehlen. Und irgendeine Erwartungshaltung hat man immer, sonst muss man ja nicht hingehen. ↩︎

  2. oder gar das eigene gegenwärtige oder künftigen Projekt als Ganzes ↩︎